Was entsteht, wenn sich junge Designer von heute mit Respekt und Experimentierlust an Design-Ikonen wie Marcel Breuer, Walter Gropius oder Erich Brendel wagen? Das Ergebnis sind faszinierende Neuinterpretationen, die Design-Klassiker von vor 100 Jahren wieder greifbar und erlebbar machen.
Damals wie heute
Zum Anlass des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums wagt Tecta ein Experiment: „BauhausNowhaus“. Das Konzept präsentiert Ideen und Möbel der Bauhaus-Ära neugedacht und zeigt damit, dass sie auch heute noch genauso interessant und begeisternd sind, wie vor 100 Jahren. Der Familienbetrieb aus Niedersachsen möchte mit „BauhausNowhaus“ die Gedanken der legendären Designschule wieder erlebbar machen und in spannenden Inszenierungen neu auflegen. Eine Gruppe von jungen Designern kreierte dazu ihre persönlichen und zeitgemäßen Neuauflagen der Traditionsmöbel.
Kunstwerk aus symmetrischem Patchwork
Die Designerin Kerstin Bruchhäuser entschied sich für ihre Neuinterpretation eines Bauhausmöbels bewusst für den klassischen Faltsessel D4 von Marcel Breuer aus dem Jahr 1927. Bei ihrer Version, dem D4N, stechen besonders die textilen Gurtflächen ins Auge, die den Stuhl wirklich unverwechselbar machen. In aufwendiger Handarbeit kreierte die Hamburgerin dafür über drei Monate hinweg ein Patchwork. Für das ausgefallene Design nutzte sie die traditionelle koreanische Pojagi-Technik, wobei Stoffreste mit markanten Kedern aneinandergenäht werden. Die Stoffreste sind in perfekter Symmetrie angeordnet und das Ergebnis ist einzigartig: Ästhetik und Präzession bis ins kleinste Detail.
Um diese Wirkung zu erzielen, verwarf die Gestalterin ihre ersten beiden Entwürfe komplett und erst ihr dritter Versuch entsprach ihren eigenen Anforderungen an das außergewöhnliche Muster. Das Stahlrohrgestell des D4-Klassikers hingegen änderte Bruchhäuser für ihre Version bewusst nicht ab. „Ein spannender Kontrast entsteht: Der flexible Stoff mit den leicht versetzten Nähten wird auf dieses super gerade und glänzende Stahlrohr aufgezogen“, erklärt die Designerin.
Klassik und Moderne vereint
Auch dem Direktorensessel F51 des Bauhaus-Gründer Walter Gropius aus den 1920er Jahren wurde neues Leben eingeflößt. Die Armlehnen des Klassikers ragten damals wie heute frei heraus und der Rücken schwebt über dem Boden. Die Designerin und Professorin für Produktdesign Katrin Greiling konzentrierte sich bei ihrer Version F51N ganz auf die Farbgebung und Textilen des Sessels. „Ich wollte den Stuhl nicht neu entwerfen, sondern den gegebenen Rahmen aus Fläche, Textur und Farbe neu interpretieren und proportionieren“, gibt die Designerin zu verstehen.
Dafür verwendete sie Stoffe von Kvadrat, die von Wolle, Twill und Tweed inspiriert sind, um ein zeitgenössisches Mobiliar zu schaffen. Den Holzrahmen präsentiert Greiling in sechs abgestimmten Farben. Markante Farbwelten und außergewöhnliche Stoffe verleihen so der Urfassung des F51 ein neues Gesicht.
An moderne Wohnwelten angepasst
Der Designer Tobias Groß verwandelte den Klapptisch K10 von Erich Brendel im Rahmen des Projektes in ein farbenfrohes Klappwunder mit zeitgemäßem Anspruch. „Für moderne, junge Wohnwelten haben wir seine Maße bewusst reduziert. Flächen und Stützen sind filigraner gestaltet, so erreichen wir ein leichteres, flexibleres Möbel als zuvor“, erklärt Groß. Vor allem die Farbgebung des K10N fällt dem Betrachter direkt auf: In der Fläche arbeitete der Designer mit ruhigen, gedeckten Farben von Oliv über Rot und Blau, doch die Profilkanten hob er durch frische Pastelltöne hervor. Das verleiht dem Tisch ein frisches und modernes Design.
„BauhausNowhaus“ zeigt, dass klassische Möbel von vor 100 Jahren immer noch den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechen. Durch Reeditionen der Klassiker entstehen Möbel, die neue Akzente setzen und sich in die heutige Wohnwelt einfügen.